Grenzen überwinden

Projektbericht (Kunst)

Berlin im Wandel – Der Potsdamer Platz als Knotenpunkt der Grenzbegegnung zwischen Ost und West“: Unter diesem Titel steht einjähriges Kunstprojekt, das im Rahmen des Schulprogramms „denkmal aktiv – Kulturerbe macht Schule“ der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gefördert wird. Das Projekt ist ein Beitrag im Themenfeld „Entdecken, was uns verbindet“ der Senatsverwaltung für Jugend, Bildung und Familie in Berlin.

Ein halber Satz, auf einer Pressekonferenz 1989 in Ost-Berlin gesprochen, verändert die Welt: ‚Reisefreiheit … ich glaube, das gilt ab sofort, unverzüglich’. In dieser Nacht erzwingen die Ostberliner die Öffnung der Grenzübergänge. Mit dem Fall der Berliner Mauer endet die Teilung Deutschlands und die Zeit des Kalten Krieges“.

S. Amiri

Fast 30 Jahre nach dem Mauerfall zeichnen sich ganz besonders in Berlin noch immer Spuren der Teilung Deutschlands ab. Ein Teil davon ist der ehemalige DDR-Wachturm in der Erna-Berger-Straße, welcher seit 2001 unter Denkmalschutz steht und einer der letzten seiner Art ist. Ab 1971 war er stets von zwei „Grenzern“, denen ein strikter Schießbefehl vorlag, besetzt.

S. Bartusch

Heute, nach seiner Wiederentdeckung und Restauration durch die Berlin Wall Exhibition UG, ist er Besuchern durch Führungen zugänglich und steht als Zeitzeuge, aber auch als Mahnmal für eine für die meisten Menschen der jüngeren Generationen bereits vergessene Zeit und für die Schrecken der DDR-Diktatur, in der Nähe des Potsdamer Platzes. Inmitten dieser pulsierenden, modernen Architektur und Gesellschaft wirkt er fast befremdlich und fehl am Platz.

J. Heinrich

Doch gerade dieses Aufeinandertreffen des alten und neuen Berlins macht den Beobachtungsturm des Typs BT6 zu einem wertvollen und fruchtbaren Unterrichtsgegenstand für unsere Schüler des Charlotte-Wolff-Kollegs. Nicht alle unserer 18- bis 30-jährigen Schülerinnen und Schüler sind selbst in Berlin geboren. Sie sind zum Teil für das Nachholen des Abiturs hierher gezogen sodass die reale Begegnungsmöglichkeit mit der Geschichte der DDR sowie der Teilung Deutschlands sich ganz besonders als Thema anbietet. Zusätzlich besteht eine hohe thematische Relevanz, da unsere Schülerschaft die direkte Nachfolgegeneration der Menschen ist, die diesen Abschnitt der deutschen Geschichte miterlebt und mitgestaltet haben. Es soll also ein tieferes Verständnis für historische, soziale, aber auch kulturelle sowie ästhetische Aspekte erzeugt werden.

A. Mondlane

Zu diesem Zweck wird im fachübergreifenden Unterricht (Geschichte und Kunst) zwei Semester lang der ehemalige DDR-Wachturm als Exempel und Symbol für die Teilung am Potsdamer Platz und Umgebung herangezogen. Hierzu möchten wir in Zusammenarbeit mit dem Verein Berlin Wall Exhibition eine ästhetische Forschung und ganz individuelle Auseinandersetzung ermöglichen. Die Basis hierfür bilden die entsprechenden relevanten Unterrichtsinhalte des Geschichts- und Kunstunterrichtes, in denen fachliche sowie praktische Grundlagen zur aktiven Arbeit am Projekt gelegt werden, wobei der Fokus aber klar auf dem Fach Kunst und zu einem Großteil auf der Fotografie liegt.

M. Montes Cardona


Die Schülerinnen und Schüler wurden im ersten Semester zunächst mit der Thematik – und Problematik – des Denkmals selbst vertraut gemacht, indem wir uns gemeinsam die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße ansahen. Hier bot sich nicht nur inhaltlich ein guter Einstieg in das generelle Projektthema, sondern es wurde ein erster realer Kontakt mit einem Überrest der deutschen Teilung hergestellt.

O. Piemonte

Im Anschluss daran lernte der Kurs den ehemaligen DDR-Wachturm und das ehemalige Grenzgebiet im Rahmen einer Führung mit Experten der Berlin Wall Exhibition UG kennen. Danach wurden der Grenzturm und seine Umgebung mittels der Digitalfotografie dokumentarisch erfasst und somit auch kleinste Winkel im Sinne der ästhetischen Forschung untersucht bzw. das für den alltäglichen Besucher oder Passanten Verborgene sichtbar gemacht (z.B. Spurensuche, Besonderheiten des Turmes). Durch die Nachbearbeitung ihrer Fotos beschäftigten sich die Lernenden außerdem mit dem Thema „Zwischen digitaler Inszenierung und Manipulation“.

H. Tsighe

Zum Ende des ersten Projektsemesters hatten alle Kollegiat*innen nicht nur eine fotografische Reihe entwickelt, die die individuellen Forschungsergebnisse aufzeigt, sondern auch die Möglichkeit erlangt, diese in digitalen Netzwerken über das Smartphone mit anderen zu teilen und so einen kulturellen Austausch herzustellen.

J. Wenderoth

Des Weiteren zeichnen und verschriftlichen die Lernenden während des gesamten Projektes ihre Versuche und Untersuchungen in ihrem Werkstattbuch, sodass nicht nur der Arbeits- und Lernprozess deutlich wird, sondern auch eine Eigenreflexion ermöglicht wird.


TEXT: Anja Hebrank (Kursleiterin) | BILDER: Kollegiat*innen des LK Kunst (A47)