T-rex in Berlin

Bericht (Ausstellung)

MB.R.91216. Nein, das ist nicht etwa der Name eines weiteren gescheiterten Bauprojektes in Berlin, sondern die Inventarnummer, unter der seit Dezember 2015 der wohl älteste Bewohner der Hauptstadt im Museum für Naturkunde zu bewundern und erforschen ist. Am 05. Mai 2017 besuchte ich im Rahmen des Ergänzungskurses Redaktionelles Schreiben das Berliner Naturkundemuseum, um Material für meine Klausurersatzleistung in Form eines Berichtes zu sammeln. Schon bei der Ankunft an der Ticketverkaufsstelle vor dem Haupteingang blickte man in erwartungsvolle Gesichter, egal ob Alt oder Jung. Die meisten Besucher waren wegen Tristan Otto gekommen, eines der weltweit am besten erhaltenen Skelette eines Tyrannosaurus rex, das seit knapp zwei Jahren in Berlin zu Forschungszwecken ausgestellt wird.

Beim Betreten der dunkel gehaltenen Räumlichkeiten der Sonderausstellung unter dem Motto Berlin zeigt Zähne nimmt man sofort eine besondere Aura wahr. Lediglich ein paar Scheinwerfer an der Decke beleuchten die schimmernden Knochen des rund vier Meter hohen und zwölf Meter langen Königs der Schreckensechsen, der seinen Kopf bedrohlich den Besuchern entgegenreckt. Das 66 Millionen Jahre alte und knapp sieben Tonnen schwere Exemplar gilt bis heute als Sensationsfund, da allein der Schädel, der am Skelett selbst durch eine Kopie ersetzt wurde und in einer separaten Vitrine ausgestellt wird, zu 98% erhalten ist. 157 der insgesamt 321 Knochen konnten 2012 im US-Bundesstaat Montana erfolgreich geborgen werden.

Dem dänischstämmigen Mäzen und Londoner Investmentbanker Niels Nielsen und seinem Freund Jens Peter Jensen ist es zu verdanken, dass Tristan Otto heute Forschern und Dinosaurier-Fans aus aller Welt frei zugänglich ist. Sie ersteigerten 2014 diesen Fund, den sie nach ihren beiden Söhnen benannten, und stellten ihn daraufhin dem Museum für Naturkunde in Berlin leihweise und kostenlos zur Verfügung. Diese Vereinbarung zeigte erstmals einen Weg aus einem bisher von Wissenschaftlern stark kritisierten Dilemma: Der Erwerb von Fossilien und Artefakten durch Privatpersonen. Einerseits stehen diese wertvollen Stücke der Forschung durch private Ankäufe oft nicht mehr zur Verfügung, andererseits können sich viele Museen die Bergung und Aufarbeitung aber gar nicht selbst leisten. Da allerdings die andauernde Informationsgewinnung durch Forschung auch zu einer Wertsteigerung der Artefakte führt, fand man einen Kompromiss, von dem alle profitieren: Leihe gegen Forschung. Unter anderem versucht man momentan mit aufwendigen Computertomographie-Scans und Gesteinsproben die Todesursache des Tyrannosaurus rex zu ergründen. Bislang weiß man, dass die bissige Riesenechse mit Zahnproblemen und Schwellungen am Kiefer zu kämpfen hatte.

Tristan Otto steht den Forschern und Besuchern in Berlin noch mindestens ein weiteres Jahr zur Verfügung, bevor er dann an ein anderes Museum in Europa verliehen werden soll.

TEXT und BILDER: Scott Parsons (A45: Redaktionelles Schreiben)