Darstellendes Spiel

Rezension (Theater)

7757 Kilometer: So weit liegt die chinesische Provinz Sichuãn von Berlin entfernt. Aber halt, stimmt ja gar nicht; zumindest nicht am 20. Januar 2017. An diesem Tag, zwischen 19.30 Uhr und 21.00 Uhr, verwandelte sich nämlich die Aula des Charlotte-Wolff Kolleg in den Handlungsort von Bertolt Brechts Drama „Der gute Mensch von Sezuan“. Unter der Leitung von Axel Finck und nach einer sechswöchigen Vorbereitungszeit lieferte uns der Kurs Darstellendes Spiel mit Brechts Parabelstück den Beweis dafür, dass sich die Suche nach guten Menschen in einer kapitalistischen Welt als ebenso schwierig erweist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

 Hinter den Kulissen

Brechts Beispielstück des epischen Theaters, welches viele Elemente der klassischen Dramentheorie unter den Tisch fallen lässt, störte sich auch keineswegs an Änderungen des Inhalts und der sprachlichen Gestaltung. Ganz im Gegenteil: Die eher komische Interpretation des traurigen Inhalts machte es möglich, auf unglaublich witzige und dennoch lehrreiche Art und Weise ein breites Publikum anzusprechen. Ob Groß oder Klein, ob Dramenliebhaber oder Dramenskeptikerin – man hatte nach knapp zwei Stunden Aufführungszeit ein Gefühl der Begeisterung.

Auf der Bühne

Für diese gelungene Inszenierung brauchte es gar nicht viel: ein durchaus überschaubares Bühnenbild, etwas Licht, Musik und natürlich die Darsteller*innen, welche in ihrer Leidenschaft für das Darstellende Spiel wohl kaum zu übertreffen gewesen sind. Deshalb war die Theateraufführung in unserer Aula eine weitere Bestätigung dafür, dass es für eine mitreißende Theateraufführung nahezu belanglos ist, wenn es mal zu kleinen Textunsicherheiten kommt. Denn ist es nicht gerade diese unmittelbare Unverfälschtheit, die das Theater gegenüber dem Film so authentisch macht? Was uneineingeschränkt überzeugte, waren die Interaktion der Darsteller*innen auf der Bühne und eine Inszenierung, der man schon früh anmerkte, dass das Publikum im Mittelpunkt der Arbeit gestanden hat. Nicht zuletzt bestätigten dies der lang anhaltende Beifall und standing ovations.

Blick ins Programmheft

Der Kurs Darstellendes Spiel hat uns also eine veritable Show geliefert, die nicht nur amüsant war, sondern auch die Frage Brechts, welche Werte unter kapitalistischen Bedingungen überhaupt Bestand haben, auf eine sehr originelle Art und Weise interpretiert hat. Daher ein großes Dankeschön an die Theatergruppe von Axel Finck sowie an alle Beteiligten, die zur Aufführung des Stückes beigetragen haben. Wir freuen uns auf weitere Inszenierungen der Gruppe!

TEXT: Christopher Kißling (A45: Redaktionelles Schreiben) – BILDER: Michel Böttcher (A45)